„Sie haben bestimmt schon etwas von Lao Tse gehört,“
fragte ein Schüler seinen Lehrer Konfuzius.
„Er spricht von einem inneren Zustand, in dem es nur Frieden, vollkommene Stille und Ungestörtsein gibt. Werden Sie mir auch beibringen, wie ich nach innen gehen kann?“
Konfuzius wurde zornig.
„Hören Sie mit diesem Unsinn auf. Lernen Sie lieber, was es bedeutet, tugendhaft zu sein und Sünden zu vermeiden. Benehmen Sie sich wie ein Gentleman. Lernen Sie die Manieren der Gesellschaft.
Was die innere Welt anbelangt, die werden Sie noch früh genug erfahren: Dann, wenn Sie im Grab liegen. Dort können Sie sich bis in alle Ewigkeit damit beschäftigen. Dort können Sie forschen und meditieren und herausfinden, was Innen ist. Aber jetzt verschwenden Sie nicht Ihre Zeit damit.„
Das war seine Einstellung.
Die Angst der Zivilisation vor der Wildheit
Über die Zeit hinweg sprachen immer mehr Leute über Lao Tse. Endlich nahm Konfuzius seinen ganzen Mut zusammen und nahm sich vor, ihn zu besuchen.
Er hatte große Angst, denn die Geschichten, die er von Lao Tse gehört hatte, waren furchterregend:
„Dieser Mann ist unberechenbar. Er reitet auf einem Büffel mit dem Gesicht nach hinten. Er ist ein gefährlicher Bursche.“
Je mehr Konfuzius versuchte, Lao Tse zu vermeiden, desto mehr wollte er über ihn wissen.
So funktioniert das menschliche Denken. Was immer du vermeiden willst, das begegnet dir immer und immer wieder. Du wirst magisch davon angezogen.
Also entschied sich Konfuzius eines Tages, Lao Tse zu treffen.
Lao Tse lebte nicht weit weg in einer Höhle in den Bergen, außerhalb der Hauptstadt. Vor der Höhle hielt Konfuzius seine Schüler an, die mit ihm gekommen waren, weil er Angst hatte.
„Dieser Mann ist zu allem fähig. Es kann sein, dass er mich schlägt und das möchte ich nicht vor den Augen meiner Schüler geschehen lassen. Deshalb lassen Sie mich zuerst alleine zu ihm gehen. Ich werde Sie dann später hinzu holen.“
Tao kennt keine Manieren
Lao Tse saß sehr still in seiner tiefen, dunklen Höhle. Er blieb auch sitzen nachdem Konfuzius herein gekommen war. Er sagte nicht „Guten Tag“ zu ihm oder „Setzen Sie sich doch bitte!“ Er beachtete ihn gar nicht.
„Das ist kein sehr feines Verhalten,“ sagte Konfuzius zu ihm. „Zumindest könnten Sie sich mir gegenüber wie ein guter Gastgeber benehmen.“
Lao Tse sagte:
„Ich dachte, du würdest nicht den Mut besitzen in meine Höhle zu kommen. Hier lehren wir keine Moral oder was es bedeutet, Manieren zu haben. Hier lehren wir, wie wir sterben und wiedergeboren werden. Bist du dafür bereit?“
Dabei schaute er Konfuzius gerade in die Augen und zog sein Schwert.
Konfuzius sagte schwitzend:
„Bitte verzeihen Sie mir, was ich gesagt habe. Ich werde niemals wieder Ihre Höhle betreten!“
Er verließ den Raum und sagte zu seinen Schülern:
„Dieser Mensch ist höchst gefährlich. Er ist ein Drache. Er hätte mich fast umgebracht.“
Er hatte Lao Tse überhaupt nicht verstanden. Lao Tse hatte nicht über den gewöhnlichen Tod gesprochen, er bezog sich auf den Tod des Egos.
Solange das Ego nicht stirbt, kannst du nicht dein authentisches Selbst sein und zu deinem ursprünglichen Gesicht werden.
Konfuzius hatte einen falschen Schluss gezogen.“
Osho, Zitat – Auszug aus One Seed Makes the Whole Earth Green #3
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