Beim Künstler:
In seltenen Augenblicken regnet es Rosen
„Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Künstler und einem Mystiker. Ein Künstler findet sich gelegentlich plötzlich in demselben Zustand wieder, in dem sich der Mystiker befindet.
In diesen seltenen Augenblicken regnen Rosen über ihn. Zu diesen seltenen Gelegenheiten ist er fast ein Buddha – ich sage ‚fast‘.
Diese seltenen Momente kommen und gehen. Er ist nicht Meister dieser seltenen Momente. Sie kommen wie ein Lufthauch, wie ein Duft; und zu dem Zeitpunkt, an dem du bewusst wirst, sind sie auch schon verschwunden.
Ein genialer Künstler
wird vom Göttlichen geführt
Der Genius eines Künstlers besteht darin, dass er diesen Moment empfängt und in Worte fasst. Diese Momente kommen auch in dein Leben. Sie sind reine Geschenke der Existenz – oder, anders ausgedrückt, sie sind kurze Lichtblicke, die eine Suche in dir provozieren, damit du an den Punkt kommst, wo dieser Zustand zu deinem eigentlichen Leben wird, zu deinem Blut, zu deinen Knochen und zu deinem Mark.
Du wirst diesen Zustand atmen und dein Herz wird ihn schlagen. Selbst wenn du wolltest, du kannst ihn niemals verlieren.
Die Geschichte vom mystischen Maler
Ein japanischer Kaiser ließ alle Maler aus seinem Land und aus den umliegenden Ländern wissen, dass er ein Bild wünsche, welches aussähe, als sei es Wirklichkeit:
‚Wenn ihr eine Tür malt, soll sie nicht wie gemalt wirken. Jeder soll sich den Kopf daran anstoßen und versuchen, durch diese Tür zu gehen. Solange ein Bild nicht so echt wirkt, erkenne ich es nicht als solches an. Und derjenige, der so etwas malen kann, wird belohnt werden, selbst wenn er sich mein ganzes Königreich wünscht.‘
Tausende von Malern kamen zum Palast. Sie versuchten es… aber wie ist es möglich – kann man ein Bild malen, das ganz und gar den Eindruck erweckt, echt zu sein?
Einer der Maler sagte, er würde unter folgenden Bedingungen malen:
Während des Malens wolle er nicht gestört werden. Ihm solle keine Zeitgrenze auferlegt werden. Und er würde nicht auf Leinwand malen – er würde auf einer großen Wand im Palast malen.
Und solange das Bild nicht vollendet sei, dürfe niemand zu ihm hereinkommen. Der erste, der es fertig sehen dürfe, würde der Kaiser sein.
Die Bedingungen wurden akzeptiert.
Der Maler brauchte fast 6 Jahre. Der Kaiser wurde alt, aber er hatte versprochen, sich nicht einzumischen. Und er hielt sein Wort.
Nach 6 Jahren kam der Maler und sagte dem Kaiser:
‚Du kannst kommen.‘
Der Maler nahm den Kaiser mit in seinen Raum. Der Kaiser konnte es nicht fassen. Es sah tatsächlich so echt aus. Es gab große Bäume und einen kleinen, sich schlängelnden Pfad auf dem Bild.
Der Kaiser fragte:
‚Wohin führt dieser Pfad?‘
Der Maler sagte:
‘Du kannst ihn entlang gehen…‘
Und du kannst es glauben oder nicht – ich selbst glaube es zwar nicht, aber es ist so liebenswert… Der Maler betrat mit dem Kaiser zusammen das Bild und beide sind nie zurückgekehrt.
Der Mystiker verschwindet in seiner Kreativität
Wenn du versuchst, das als historische, tatsächliche Begebenheit zu betrachten, wird dir das Wesentliche entgehen. Es ist eine reine Parabel. Und sie ist absolut wahr – aber nicht, was Tatsachen anbelangt.
Der wahre Maler löst sich im Gemälde auf, und der wahre Dichter löst sich in seiner Dichtung auf. Aber diese Art von Kreativität ist die des Mystikers – und weil der Mystiker in seiner Kreativität verschwindet, hat er nicht einmal Zeit, sein Gemälde oder sein Gedicht zu signieren.
Die Künstler können ihr Werk signieren, denn für einen Moment öffnet sich das Fenster und sie sehen das Jenseitige; und dann schließt sich das Fenster wieder.“
Osho, Zitat-Auszug aus The Messiah
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