Osho, ich tappe im Dunkeln.
Kannst du mich nicht rausholen?
„Ich sehe nirgendwo Dunkelheit. Du hältst nur deine Augen geschlossen; die Dunkelheit existiert nicht. Sie ist deine eigene Schöpfung.
Die Sonne ist überall, das Licht ist überall, es ist genau Mittagszeit. Doch du presst weiterhin deine Augen zu, du hältst deine Augen weiterhin geschlossen – daher die Dunkelheit.
Niemand kann deine Augen zwingen, sich zu öffnen. Es gibt ein paar Dinge, die du selbst machen musst.
Wenn du niesen möchtest, wirst du selbst niesen müssen – ich kann das nicht für dich tun. Wenn du deine Nase putzen willst, dann wirst du das selbst tun müssen – ich kann es nicht für dich tun.
Das ist eines der grundlegendsten Dinge im Leben – und es ist gut, dass du es selbst tun musst. Ansonsten wärst du selbst in deiner Freiheit ein Sklave.
Wenn ich dich aus deiner Dunkelheit holen würde, oder etwas anderes – jenes Licht hätte nicht viel von Licht an sich. Du wirst von diesem Licht eingesperrt sein. Du bist nicht aus eigenem Antrieb herausgekommen, du bist nicht aus eigenem Antrieb erblüht.
Hast du das nicht schon beobachtet? Kleine Kinder versuchen, eine Knospe mit Gewalt zu öffnen. Die Knospe kann geöffnet werden, doch dann ist sie keine Blüte. Sogar wenn sie offen ist, ist sie keine Blüte; es fehlt etwas. Etwas von großer Bedeutung fehlt.
Die Seele fehlt.
Die Blüte hat eine Seele.
Wenn sie von selbst erblüht, dann lebt sie.
Wenn du die Blüte erzwingst,
zerstörst du sie.
Alles, was im Leben schön ist,
kann nur geschehen.
Es kann nicht gemacht werden.
Wie ein Zenmeister hilft –
Geschichte von Joshu
Es gibt eine wundervolle Anekdote über Zenmeister Joshu:
Eines Tages fiel Joshu im Schnee hin und rief:
„Helft mir hoch! Helft mir hoch!“
Ein Schüler von Joshu kam vorbei und legte sich neben ihn.
Joshu lachte, stand auf und sagte zu dem Schüler:
„Richtig! Genau richtig!
Genau das mache ich auch mit dir!“
Joshu ist im Schnee hingefallen und er schreit:
„Helft mir hoch! Helft mir hoch!“
Dabei gibt es keine Notwendigkeit dafür! Wenn du gefallen bist, kannst du aufstehen; wenn du fallen kannst, kannst du aufstehen. Die selbe Energie, die dich fallen lässt, kann dich aufstehen lassen.
Die Person, die nicht aufstehen kann, kann überhaupt nicht fallen. Die selbe Energie, die dich auf Abwege führt, kann dich nach Hause bringen. Der Mensch, der nicht nach Hause kommen kann, kann auch nicht auf Abwege geraten, denn Energie wird benötigt.
Die selbe Energie, die dich zu einem Sünder macht, kann dich zu einem Heiligen machen. Tatsächlich ist es komplizierter, ein Sünder zu sein, es ist schwieriger, mühsamer.
Ein Heiliger zu sein ist nicht so kompliziert, nicht so beschwerlich. Und, religiös zu sein, ist überhaupt nicht anstrengend. Es ist die selbe Energie!
Du hältst deine Augen geschlossen und du investierst viel Energie dahin, sie geschlossen zu halten. Die selbe Energie, die sie geschlossen hält – entspannt – wird ihnen beim Öffnen helfen.
Der Schüler ist ein echter Schüler. Er versteht Joshu ganz genau. Er erkennt, dass Joshu eine Situation geschaffen hat, er ist absichtlich gefallen. Vielleicht war der Schüler vorbeigegangen und Joshu ist hingefallen – es ist eine Situation – und er ruft:
„Hilf mir hoch! Hilf mir hoch!“
Und der Schüler kommt und legt sich selbst an seine Seite. Er hilft ihm überhaupt nicht. Was macht er?
Er versucht es überhaupt nicht, ihm zu helfen, er ist einfach nur mitfühlend. Er sagt,
„Was kann getan werden? Ok, ich bin dein Schüler, ich werde an deiner Seite liegen. Was sonst kann ich tun?“
Selbst ein Meister kann nichts tun
Ein Meister fühlt mit dir, er hat Mitgefühl. Was sonst kann er tun? Er kann nicht deine Hand halten – ein wahrer Meister wird das nicht tun – denn deine Hand zu halten macht dich immer abhängig. Dich mit Gewalt heraus zu bringen bedeutet, dich noch innen zu halten.
In dem Moment, in dem der Meister deine Hand gehen lässt, wirst du zu deiner alten Welt zurückgehen, zu deinem alten Denken. Das war noch nicht erledigt, es war immer noch in dir festgehalten.
Ein wirklicher Meister hilft, ohne zu helfen. Versuche, diesen Punkt zu verstehen – ein echter Meister hilft, ohne zu helfen. Seine Hilfe ist sehr indirekt, er kommt niemals direkt, um dir zu helfen.
Ein wirklicher Meister kommt in fast unmerklicher Weise. Er umgibt dich wie eine zerbrechliche Brise, nicht wie ein starker Wind. Er umgibt dich wie eine Aura, unsichtbar.
Er hilft dir, das ganz bestimmt, aber niemals gegen dich selbst.
Er hilft dir nur so weit, wie du bereit bist zu gehen, niemals einen Schritt weiter. Er schubst dich nie in gewalttätiger Weise.
Alles, was gewalttätig herbeigeführt ist,
wird früher oder später verloren gehen.
Dein Wachstum gehört dir
Das, was du nicht aus eigenem Antrieb aufgezogen hast, wirst du verlieren. Du kannst nichts besitzen, was du nicht selbst aus eigenem Antrieb in deinem Sein angepflanzt hast.
Dir kann nur dein eigenes Wachstum gehören. Ich kann dir sogar die Wahrheit geben und du wirst sie wegwerfen, denn du wirst sie nicht erkennen.
Ich kann dich dazu zwingen, aufzuwachen, aber du wirst in dem Moment einschlafen, in dem ich weggegangen bin, und du wirst mich verfluchen und du wirst wütend auf mich sein, denn du hast noch so deine Träume genossen. Du hast süße Träume genossen und hier kommt ein Mensch und weckt dich auf.
Manchmal hast du es selbst an dir beobachtet. Du sollst frühmorgens einen Zug erwischen – 5:00 Uhr oder 4:00 Uhr morgens – und du beauftragst jemanden, dich um 4 zu wecken und er tut es. Und du bist wütend! Und du kannst die Idee überhaupt nicht leiden – dabei ist das deine Idee. Und du fühlst dich, als ob er dein Feind sei.
Immanuel Kant ließ sich gewaltsam aufwecken
Ich habe von Immanuel Kant gehört, einem deutschen Philosophen, dass er sehr zeitabhängig war. Er bewegte sich immer wie ein Uhrzeiger, genau pünktlich, alles… – nicht eine Minute vorher oder eine Minute nachher…
Früh am Morgen, um 5:00 Uhr, stand er sein ganzes Leben lang gewöhnlich auf. Er hatte einen Diener; der Diener musste ihn aus seinem Bett herausziehen, er musste ihn sogar manchmal schlagen – soviel Macht gab er seinem Diener.
Er sagte ihm:
„Sogar, wenn du mich schlagen musst, dann schlage zu! Und ich werde dich bekämpfen, doch du musst mich aufwecken! Höre nicht darauf, was ich dir am frühen Morgen sage.
Ich werde dich verfluchen und dich anschreien und ich werde dir drohen, dass ich dich heute feuern werde… doch du kümmerst dich nicht darum. Was immer ich auch sage, du hörst zu, doch holst mich aus dem Bett.„
Er wurde von dem Diener so abhängig, dass der Diener fast zum Herrn wurde und der Herr der Diener. Manchmal verließ ihn der Diener. Er versuchte, viele Diener zu finden, doch niemand passte, denn wie deinen Herrn um 5 Uhr früh schlagen?
Sogar wenn er sagte: „Schlag mich!“, der Diener hätte Angst. Der alte Diener musste immer wieder gebracht werden.
Und wie geschieht diese Situation?
Du genießt vielleicht einen guten, lauschigen Traum; es ist kalt und unter der Decke ist es so gemütlich und warm. Ja, du hattest dich vorher entschieden, dass du aufstehen würdest, doch jetzt…? Du fühlst dich danach, dich wieder umzudrehen und weiter zu schlafen.
Niemand kann vor seiner Zeit aufgeweckt werden
und sollte es auch nicht.
Das ist kein Problem, versuche einfach zu verstehen, warum du deine Augen geschlossen hältst. Statt mich zu fragen, wie du sie zwingen kannst, sich zu öffnen, versuche zu verstehen, warum du sie geschlossen hältst.
Versuche zu verstehen, welche Träume du noch träumen musst.
Hast du nicht genug geträumt?
Hast du nicht viel zu viel geträumt?
Seit Millionen von Jahren hast du geträumt. Nichts hast du mit all dem Träumen erreicht. Du bleibst leer, hohl. Immer noch füllst du dich auf, du stopfst dich mit neuen Träumen voll, mit neuen Wünschen, mit neuen ehrgeizigen Zielen.
Es besteht jede Möglichkeit, dass du jetzt von Erleuchtung träumst, deshalb hast du mir eine Frage gestellt.
Du hast viele Träume geträumt. Jetzt ist in deinem Denken eine neuer Traum entstanden – ein Buddha zu werden, Erleuchtung zu erreichen. Das ist wieder ein Traum!
Wenn du wirklich all dein Träumen erledigt hast, wer wird dich dann schlafen lassen wollen? Öffne deine Augen!
Tatsächlich besteht nicht einmal die Notwendigkeit, deine Augen zu öffnen. Wenn du verstanden hast, dass du alle möglichen Träume geträumt hast, werden sich deine Augen von selbst öffnen.
Es wird keine Notwendigkeit geben, sie zu öffnen, denn es wird niemanden mehr geben, der sie schließt.
Es ist natürlich, offen zu sein
Schaue nur einmal auf meine Faust:
Wenn ich meine Faust wie eine Faust halten soll, dann muss ich dauernd fest halten, sie dauernd ballen. In dem Moment, in dem ich das Halten loslasse, beginnt sie sich von selbst zu öffnen.
Offen zu sein, das ist natürlich, geschlossen zu sein, das ist unnatürlich. Um geschlossen zu bleiben musst du viel Energie hineingeben.
Zum Öffnen ist keine Energie nötig.
Das ist etwas sehr Komisches:
Um unglücklich zu sein, musst du viel Energie einbringen. Um glücklich zu bleiben, brauchst du überhaupt keine Energie. Glück ist umsonst, kostenlos; Unglück musst du dir verdienen.
Wenn du unglücklich sein möchtest, braucht es viel Anstrengung, um unglücklich zu bleiben. Es ist so ein unnatürlicher Zustand.
Eine Faust ist ein unnatürliches Ding; die offene Hand ist das Natürliche. Die offene Hand braucht keine Energie, sonst würdest du sehr müde sein – den ganzen Tag lang ist die Hand offen, bis zum Abend würdest du dich todmüde fühlen.
Um unglücklich zu sein, musst du dich anstrengen
Du würdest sagen: „Den ganzen Tag musste ich meine Hand offen halten und ich fühle mich sehr müde.“ Halte eines Tages einmal deine Faust den ganzen Tag über geschlossen und am Abend wirst du dich wirklich müde fühlen. Die geöffnete Hand ist natürlich.
Ein offenes Herz ist ein natürliches Phänomen; ein offenes Wesen ist einfach nur natürlich. Ein verschlossenes Wesen ist ein sehr unnatürliches Ding, sehr künstlich. Du musst deine ganze Energie einsetzen.
Das ist meine Beobachtung von Tausenden von Leuten: dass sie ihre ganze Energie dafür einsetzen, sich in einem unglücklichen Zustand zu halten. In der Hölle zu bleiben ist ein großer Aufwand. Es ist nicht einfach, es ist sehr schwierig.
Du musst sehr stark sein, um in der Hölle zu sein, sehr verbissen, steinhart. Das Wort ’steinhart‘ (engl. adamant) ist gut; es kommt von Diamant. Du musst so hart wie ein Diamant sein, nur dann kannst du in der Hölle bleiben. Ansonsten versperrt keiner deinen Weg. Du entspannst und du trittst in den Himmel ein – Entspannung ist die Tür.
Buddhas weisen nur auf den Weg hin,
doch du musst ihn gehen,
du musst dem Weg folgen.
Entspanne
Du sagst: „Ich tappe im Dunkeln.“
Entspanne. Und in dem Moment, in dem du entspannst, beginnen sich deine Augen zu öffnen, genau wie sich eine Knospe öffnet und zu einer Blüte wird, genau wie eine Faust nicht mehr gehalten wird, wie sich eine Faust zu öffnen beginnt und zur offenen Hand wird.
Ich bin nicht hier um das zu erzwingen. Ich bin hier, um dir klar zu machen, wie das geschieht. Ich kann über den Prozess sprechen, ich kann ihn nicht für dich tun. Verstanden wird es geschehen. Hoffe nicht in falsche Richtungen, ich verspreche dir nichts.
Ich verspreche dir nur eines:
Was auch immer mir geschehen ist, ich werde es dir deutlich machen.
Dann musst du selbst gehen.
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Es stimmt: Unglücklichsein ist viel anstrengender als Glücklich sein. Aber ich/wir vergessen das soleicht – in den unglücklichen Phasen. EInfach entspannen und geschehen lassen, auch das habe ich so erlebt. Danke für diese Erinnerung!
Hallo Tine,
ja, Osho ist genial im Erinnern an das, was wesentlich ist!
Liebe Grüße
Samarpan
Guten Morgen Samarpan,
ja, … :-) der liebe Kant.
Immerhin haben wir ihm wertvolle Erkenntnisse zu verdanken. Die sind zwar alle von dieser Welt; sind vorallem für jene Physik und Wissenschaft entdeckt, mit welcher „der Mensch“ gute Chancen hat, sich von diesem Planeten zu verabschieden.
Aber wollen wir mal positiv bleiben und auch hier erkennen, dass die Münze immer zwei Seiten hat. So ist auch Kant eine unbedingte Notwendigkeit. Denn wenn wir unseren Schleier durschschauen wollen, dann benötigen wir zuerst die Erkenntnis, dass uns unser „kant´sches Denken“ allein nicht weiter bringt. – Demnach hatten wir ihn (vielleicht … :-) ) notwendig.
Schönen Tag,
sam