Ta Hui war wie ich. Oder richtig gesagt: Ich bin wie er. Ta Hui war ein chinesischer spiritueller Lehrer (1089-1163), der irgendwann im Laufe seines Lebens zum Meister geworden ist. In einer intensiven inneren Reise kämpfte er sich durch die Wirren seines Verstandes und seines Lehrer-Egos.
Letztendlich konnte er Weisheit zulassen und diese meisterhaft an seine Schülern weitergeben.
Wenn ich sage, ich bin wie er, dann ist das mit Einschränkung gemeint. Nicht, dass ich mich durch meine Arbeit auf FindYourNose wie ein spiritueller Lehrer fühle und Schüler hätte, noch, dass ich welche wollte; und, ob ich mich auf dem Weg zum Meister befinde… naja, schaun mer mal :) …
Trotz unserer Verschiedenartigkeit sehe ich in Ta Hui jedoch ein lebendiges Spiegelbild. Den Abgrund des Lehrer-Egos, den kenne ich jedenfalls sehr gut.
An einem Abgrund hängen
und loslassen.
Die Erfahrung erlauben
und ihr zustimmen.
Das ist Glück.
Warum sich Lehrer minderwertig fühlen
Das Glück im Kennenlernen von Ta Hui liegt darin, mich verstehen zu lernen – selbst wenn es zunächst schmerzhaft ist, mein Lehrer-Ego klar zu begreifen.
So hilfreich das Lehrer-Ego für den Fortbestand der Menschheit sein mag, so kaschiert es doch einen wesentlichen persönlichen Schmerz: Lehrer berichten von Fakten und Erfahrungen, die andere Menschen gemacht haben. Die eigene Erfahrung ist gering und das macht wohl den Minderwertigkeitskomplex der meisten Lehrer aus.
Sie wissen, glauben, erzählen von den Abenteuern der Menschheit, doch ihr eigenes Leben ist das eines Gefängnisinsassen – mit regelmäßigen Essenszeiten und Freigang am Wochenende.
So auch ich. Ich lese und stelle die Weisheiten großer Meister zusammen, sie berühren und inspirieren mich, sie nähren mich und erfüllen mich… und trotzdem: Was davon sind meine eigenen Erfahrungen? Was lebe ich davon?
Der Abgrund ist schon ziemlich gut unter mir zu sehen.
In den Abgrund fallen und dem freien Fall zustimmen
Ta Huis Verwandlung geschieht im freien Fall. Obwohl er schon viele Schüler hat, gesteht er sich die Wahrheit ein: Bisher sprach er von Erfahrungen anderer und nicht seinen eigenen. So sieht seine Verwandlung aus: Er nimmt sich die Freiheit, sich selbst zu leben, seine eigene Schönheit, seine eigene Weisheit, seine eigene Bewusstheit auszudrücken. Seine Sätze werden kürzer, er schreibt weniger, leichter verständlich und bringt Beispiele aus seinem Leben…
In seinen Schriften berichtet Ta Hui also von seiner Erfahrung, das Lehrer-Ego loszulassen. Das Erste sei: in den Abgrund zu fallen, das Ego loszulassen (das gilt womöglich für jedes Ego, nicht nur das Lehrer-Ego).
Und dabei dürfe gleichzeitig nicht übersehen werden, sich die innere, vollkommene Zustimmung zu behalten, diese Erfahrung zu machen. Unsicherheit, Angst, Zweifel… diesen Erfahrungen voll und ganz zuzustimmen. Dem Leben und seinen Abenteuern zuzustimmen – was immer sie auch bringen mögen. Das ist der Schlüssel.
Weisheit schnuppern
Osho begleitet Ta Huis Weg vom Lehrer zum Meister in einer Folge von 38 Diskursen, nachzulesen im OSHO Buch: The Great Zen Master Ta Hui oder zu hören im gleichnamigen Hörbuch. Manchmal höre ich mir einzelne Diskurse mehrmals hintereinander an – den über das Unausweichliche, beispielsweise. Ta Hui hat dort bereits eigene Einblicke.
Während ich zuhöre ist es, als ob mir jemand die Hundeschnauze in eine Pfütze Weisheit stuppst und ich schnuppere etwas Unbekanntes, das ganz köstlich riecht. Hinter dem künstlichen Parfümgeruch des Lehrer-Egos riecht es nach Frische und Lebendigkeit einer nicht gekannten Welt, die meinen Schwanz wedeln lässt…
OSHO: The Great Zen Master Ta Hui
Reflections on the Transformation of an Intellectual to Enlightenment
Als Hörbuch
Was im freien Fall geschieht
Ok. Dann schaun mer mal, wer ich bin, wenn ich nichts weiß, nichts von weisen Menschen weitergebe und nur die Spontaneität dieses Moments zum Leben habe. Der freie Flug in den Abgrund kann beginnen.
Und jetzt kommt der schwierigste Teil dieses Beitrags. Jetzt kommen die großen Worte, die unweigerlich zu Missverständnissen führen.
Wie soll ich dir das Glück des freien Flugs beschreiben? Das Ja zum Leben? Wie die Freiheit, die damit einhergeht, mich als Meister in meinem Leben zu fühlen – ein Meister, der von nichts eine Ahnung hat, keine Führung übernimmt und keinen Halt bietet?
Meister in meinem Leben zu sein bedeutet für mich spontan, aufmerksam und in Harmonie mit mir zu sein. Es ist die Gelegenheit, mich zu erkennen, wie ich bin; das Unausweichliche an mir zu sehen, es wertzuschätzen und zu genießen – und es sich ausdrücken zu lassen, wie jetzt zum Beispiel, in diesem unvollkommenen Artikel.
Und oh Wunder – die Augen glänzen, das Müsli schmeckt köstlich, Lachen ist erfrischend, Geschäftskunden machen Spaß und der Körper hat doch glatt mal Lust, sich zu bewegen: in die Natur, wandern gehen und Samarpan dort erfahren….
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